Praktikumsberichte (Heilerziehungspflege)

  • Tag 1 - Neuerkerode :zustimm:


    Ich bin um 7.45 Uhr mit einem Kleinbus von Schöningen ZOB bis Schöppenstedter Markt gefahren und war dort gegen circa 8.30 Uhr.
    Dort bin ich dann in eine reguläre Linie eingestiegen und bis zur evangelischen Stiftung gefahren.
    Allerdings hatte ich mich gewundert, dass in Schöningen ein "Minibus" ankam, aber die 399 fährt wohl immer so. Naja, wie dem auch sei. :lach:
    Jedenfalls bin ich um 9.00 Uhr in der Stiftung gewesen und bin gleich zum Haus 4, wo ich mit 3 Kollegen 11 Behinderte betreue. Davon sind 2 schwerbehindert.
    Christian (blind) und Stefan sind die beiden Schwerbehinderten. Tanja (kann selber gehen) ist Autistin und taub, Ilona kann noch selber gehen, Birgit (darf ihr Zimmer abschließen, benutzt es aber nicht mehr und schläft im Aufenthaltsraum), Hansi (Rolli), Uwe (sozusagen der "Bilderbuchbehinderte", wie Jörg, einer meiner Kollegen meinte. Kann selber gehen, nimmt gern harte Gegenstände und schlägt sie sich gegen den Kopf), Sandra (Rolli und aggressiv), Frau S. (Rolli, stark körperlich behindert, hat viel Kraft und schlägt sich oft selber), Udo (kann selber gehen). Und dann noch Sebastian, der Macho und "Chef" des Hauses. :grin:
    Mit Hansi und Sebastian habe ich am meisten Kontakt. Sebastian kam am Dienstag schon gleich auf mich zu und hat mich freudig begrüßt. Heute hat er mich gleich umarmt, als er mich erblickt hat. Björn lernte ich zusammen mit Kristine zuerst kennen. Dann Silvia, Doris und Christian, meine weiteren Kollegen.
    Zuerst wurde ich rumgeführt, damit ich mich in dem Haus auch nicht verlaufe. Alle 11 Zimmer der Bewohner wurden mir gezeigt. Sebastian hat immer die gesamte Einrichtung samt Wand herausgerissen, aber mittlerweile behält er den festgedübelten Schrank drin. Und einen TV.
    Es gibt 3 Bäder, einen großen Waschraum für die Rollifahrer und ein Mitarbeiter WC.
    Uwe kam später aus seinem Zimmer und ergriff gleich meine Hand, um mich zum Schrank zu ziehen, in dem das Spielzeug aufbewahrt wird. Ich wusste erst nicht genau, was er denn nun wollte, aber Silvia meinte gleich, dass er meine Hand auf den Gegenstand legt, den er haben möchte und das er das mit neuen Mitarbeitern gern macht, weil er denkt, dass diese leichter zu beeinflussen sind. *g*
    Ich habe ihm dann auch eine Schale, ein Klingelkerlchen und einen Ball gegeben, woraufhin ich dann erstmal Luft für ihn war. Jaja, Männer, ne?
    Sebastian, Ilona und Birgit waren ersteinmal seit 8 Uhr auf Arbeit und verdienten sich ihr Geld.
    Als ich in Hansis Zimmer war, ganz zu Anfang, saß Björn bei Hansi auf dem Bett und wollte ihn zum Aufstehen bewegen, doch "Hansibär" war stur. Björn begrüßte mich und dann sagte er plötzlich: "Jaja, Hansi! Ein Mädchen und dazumit langen Haaren, jetzt bin ich wieder abgemeldet, ich weiß.." :jump: (Ich hab aber nen Zopf!) Da musst ich wieder grinsen. Und die ganze Zeit über hat Hansi mich beobachtet und war auch schwupps aus dem Bett, um mich weiterzubeobachten. :bibber:

    übrigens kann keiner außer Birgit reden. Sie kann es auch nicht so wirklich, aber Worte halt)
    Björn und Kristine mussten gleich mal eine 5-Minuten-Raucherpause draußen machen :lach: (wird nicht eingetragen, oder abgezogen von der Arbeitszeit!), woraufhin wir uns draußen hinsetzten. Tanja stand drinnen und ließ mich erst nicht raus
    Als wir draußen saßen, meinte Björn: "Hier ist von allen 6 Häusern der "Garten". Ansatz von Pool und Überdachung kannst du schon erkennen. *grins*" :igitt:
    Hiernach hat Björn hat mich erstmal im "Dorf" herumgeführt. Es gibt dort Bücher ab 75 cent! Kleiderladen, Lebensmittel und Trödelsachen. Das Dorf gehört zur Stiftung und ist eigentlich im Prinzip schon ganz Neuerkerode. Steht auch auf der Homepage, dass es von einem Papst gebaut wurde. :applaus:
    Hmm.. danach haben Björn und ich mit Kristine (sie ist eine FSJ=Freies soziales Jahr) Hansi und Frau S. zur Arbeit gebracht. Eigentlich wollten wir Ilona wieder mitnehmen, da sie schon gegen 6 Uhr schlechte Laune hatte, aber die anderen meinten, dass sie mittlerweile eigentlich recht abreagiert war. Also ließen wir sie noch dort.
    In der "Station", also Haus 4, haben Björn und ich dann gegen 12 Uhr mit Uwe einen Gang zum Trödelladen gemacht, damit er sich für 3€ was kaufen konnte. Dabei nahm Björn ihn an die Hand. Aber als Uwe bemerkte, dass ich mitging, ließ er Björns Hand los und nahm meine. *hehe* :grin:
    Doch als wir drinnen waren, schaute er sich vorn nur flüchtig um und wollte dann wieder rauslaufen. Aber Björn nahm ihn am Arm und brachte ihn nach hinten in den Laden, woraufhin Uwe unwahrscheinlich anfing zu quieken, was seinen Widerwillen ausdrücken soll.
    Uwe fand dann einen alten Topf, zu dem aber ein Mini-Fondue-Set gehörte. Doch das schien ihn nicht sonderlich zu interessieren, denn er zischte mit dem Topf in der einen und mit mir an der anderen Hand ab. Jörg musste noch bezahlen, aber die Verkäuferin schenkte ihm das Set, da er ein so charmant-bezauberndes Lächeln hat :knipps: :tele:
    Auf dem Rückweg liefen wir noch Ellen, meiner Klassenkameradin, über den Weg, die auch gerade einen Spaziergang mit einen ihrer Schützlinge machte.
    Angekommen bekamen die einzelnen Stationen ihr Mittagessen ausgeliefert, das die Pfleger dann an jeden verteilen. Diesesmal gab es für die einen Fisch, Remoulade und Salat und für die anderen Kartoffelbrei mit Salat. :daum:
    Ich durfte Hansi das Essen anreichen, nachdem wir alle wieder von der Arbeit abgeholt hatten (Ilona, Birgit und Sebastian sind eigenständig wiedergekommen).
    Hiernach habe ich mich mit Seppel (Sebastian) beschäftigt und Ball mit ihm gespielt, was er aber nach einer Weile ein wenig übertrieben hat, indem er den Softball mit Absicht in mein Gesicht warf. Björn wurde daraufhin sauer, ehe ich reagieren konnt und Seppel machte sich traurig von dannen..
    Danach gab es Schichtwechsel und ich bekam neue Kollegen: Christian und Doris.
    Kristin, Silvia und Björn durften nach Hause. Ich unterhielt mich mit Christian und machte mich mit ihm auf den Weg in den Bücherladen, wo ich mir ein neues Buch für 1.50€ zulegte, Christian fand aber leider nichts interessantes.
    Daraufhin holten wir Birgit und begleiteten sie zum Supermarkt, in dem sie sich selbst Essen kaufen sollte, was ihr aber gar nicht in den Kram passte. Sie fing an zu weinen und fauchte rum, wie eine böse Miezekatze.
    Nach diesem kleinen Ausflug traten wir den Weg zurück an, brachten Stefan zur TSM und holten ihn gegen 16 Uhr wieder ab, wonach ich auch gehen durfte. Und so ging ein anstrengender, aber auch schöner Tag zuende... :wink:

    -Abgeschlossener Bericht-

  • ich hoffe, man darf hier was antworten.
    Gerade am Anfang ist es höchst interessant, in einem neuen Umfeld was zu erleben. Neue Eindrücke, wie Menschen, Umgebung und Erforschung der Gewohnheiten der einzelnen "Patienten".

    Bei deinem Bericht kann man gut den Tagesablauf verfolgen und sich ins Geschehen hinein versetzen.

    Deinen Bericht finde ich gut :daum: (könnte ich nicht so ausdrucksvoll) :frag:

  • Huhu! :wink:

    Klar darfst du das, ist doch ein abgeschlossener Bericht. Ich höre gern eure Meinungen zum Thema, immer her damit! :689:
    Danke für die Blumen. :zwin:
    Ja, ich bin auch schon fleissig am 2. Bericht dran und werde ihn wohl auch gleich noch posten. :idee:

  • Ichhab ihn mir auch durchgelesen und muß sagen gut und interessant geschrieben. Liest sich nach nem lockeren Tag mit Spaß und Fun, aber ich glaube die Arbeit mit Behinderten ist sehr schwer und ich ziehe meinen Hut vor jedem, der solch eine Arbeit macht. Ich weiß nicht, ob ich das lange Zeit könnte.

  • hm echt toll geschrieben.
    wir haben hier ne anstalt, auch mit behinderten.
    stetten, ist denk ich bekannt in der umgebung.
    da zu arbeiten wär bestimmt auch was für dich.

    und weiter so mit den berichten! :daum:

  • wie ist das, musst du für dein Praktikum täglich einen Bericht schreiben oder wöchentlich.

    Bei manchen ist es auch so, für jeden Bereich?

  • Zitat

    Original von Fauchi
    wie ist das, musst du für dein Praktikum täglich einen Bericht schreiben oder wöchentlich.

    Bei manchen ist es auch so, für jeden Bereich?

    Täglich eigentlich nicht. Ich mache ja 8 Wochen dort und muss 8 Berichte schreiben. Aber ich möchte das gern alles festhalten, was ich erlebe! :zwin:

  • Werde mir den/die Berichte mal in Ruhe durchlesen(hab heute leider nicht den Kopf dazu),meine Schwägerin ist im Pflegebereich in Ausbildung,denke ich werde das dann mal ausdrucken und ihr schicken oder per E-Mail zukommen lassen.
    Ist vielleicht mal ein denkanstoß das erlebte aufzuschreiben um es sich später nochmal durchzulesen und weiter zu lernen oder es anderen Leuten zum nachdenken zu geben.
    Ich finde es gut was und wwie du es machst und wünsche dir viel Erfolg und auch Spaß an der Arbeit!!
    Hut ab und Hochachtung :daum:
    LG
    Babba

  • 2. Praktikumsbericht (Heilerziehungspfleger)

    Tag 2 - Neuerkerode


    Heute bin ich wieder um 7.45 Uhr an der Schöninger Haltestelle am ZOB gewesen und bin mit dem Klein-Bus bis nach Schöppenstedt gefahren und von dort aus nach Neuerkerode, wo ich dann gegen 9 Uhr wieder in Haus 4 war.
    Frühdienst hatten: Doris, Silke und Silvia. Sie saßen schon draussen und rauchten eine.
    Ich gesellte mich nach einer kurzen Runde durch das Haus zu ihnen und begrüßte sie anständig, woraufhin Doris meinte, dass ich schönes Wetter mitbringen würde. Wir unterhielten uns ein wenig zusammen und genossen den schönen Vormittag eine Viertelstunde lang nur ausgiebig. Alle Bewohner außer Sandra waren arbeiten und wurden vor 12 Uhr auch nicht abgeholt.
    Doris schlug mir vor, ich könne demnächst auch mal in den Keller (Arbeitsplätze) und zuschauen, für einen meiner 4 Fachberichte. Ich sagte zu und habe nun ein neues Ziel, auf das ich zu arbeite.
    Silke nahm Christian (Chrissie, einer der beiden Schwerbehinderten. Ich nenne ihn hier mal Kaschper, da sonst Christian und Christian vertreten sind.) alias Kaschper mit zum Schwimmen und lud mich für nächsten Freitag ein, doch mitzukommen, ich sagte ebenfalls zu! Bin schon sehr gefragt dort!
    Ich nahm Sandra mit ihrem Rolli mit an die frische Luft und begleitete Silke mit Kaschper bis zum Schwimmbad. Unterwegs gab sie mir nützliche Tipps, wie ich Aggressionen von Sandra abwehren kann, falls sie einmal nach hinten schlagen sollte. Ich hörte genaustens zu und versuchte, mir auch alles richtig zu merken. Doch ich musste gar nichts davon anwenden, da Sandra sehr lieb war und sich über die Sonne und die Wärme freute. Sie liebt es wie Tanja, mit den Händen Lichtreflexe zu erzeugen.
    Als ich nach etwa 1 1/2 Stunden wieder in Haus 4 eintraf, schlug mir Silvia vor, das ich Sandra die Jacke ausziehe. Aber Sandra wehrte sich nicht ein kleines bisschen und ließ zu, dass ein Fremder sie auszog, bzw. anfasste, was sie nur ganz ganz selten machte.
    Also hatte sie mich akzeptiert, worüber meine Kollegen auch einigermaßen erstaunt waren.
    Nun setzte ich mich mit meinem Buch ein klein wenig in die Sonne, um zu verschnaufen, da es nicht gerade einfach ist, einen behinterten Menschen eine Stunde lang durch das Dorf zu schieben. Aber es macht sehr viel Spass und man kann den Menschen eine Freude machen.
    Dann kam Thorsten von Haus 2 herüber und sagte zu mir mindestens 10 Mal "Naaa?" und "Hallo!". Ich kam eigentlich kaum noch zum Lesen. Immer kam und ging er. Sicherlich alle 15 Sekunden.
    In der Zwischenzeit kam auch noch ein anderer Junge aus Haus 5 hinzu, quetschte sich rechts neben mich und streichelte meinen Arm vorsichtig. Ich lächelte unsicher und las dann weiter. Aber er ließ mich nicht, sondern klappte das Buch immer wieder über meinen Finger zu.
    So ging das bestimmt so etwa 5-6 Minuten, ehe er das Interesse verlor und wieder in sein Haus zurückging.
    Nun passierte bisher der Oberhammer. Tanja nahm meinen Arm und zog mich in unser Haus. Ich folgte ihr, da sie mich bisher ja noch nie am Arm genommen hatte. Sie wollte in die Küche und dachte, ich hätte einen Schlüssel, den aber nur meine Kollegen haben, aber nicht ich, als Praktikantin. Konnte sie ja nicht wissen.
    Ich gab ihr per Körpersprache zu verstehen, dass ich keinen Schlüssel habe und sie auch nicht an meinem Arm zerren sollte.
    Wenn Tanja Essen will, dann wird sie auch schon mal gewalttätig und das wollte ich ja nun auch nicht.
    Aber sie wollte mich wohl nicht verstehen und zog mich in das Büro, wo sie versuchte, die Süßigkeitenkiste zu plündern.
    Doch Silvia wusste das zu verhindern und schmiss Tanja raus, woraufhin die Kiste auskippte und wir wieder alles einräumen mussten.
    Ich saß bei Hansi und Sandra, als Tanja wiederkam und mich ziemlich aggessiv kratze und mir versuchte, an den Haaren zu ziehen, was ihr aber gottseidank nicht gelang, da ich ausnahmsweise mal Haarspray benutzt hatte.
    Doris nahm mich mit in die Küche, zeigte mir die Essensvorbereitungen und wie man den Geschirrspüler am besten einräumt, wenn nicht alles so reinpasst, wie es eigentlich sollte. Aber das klappte prima.
    Ich setzte mich dann zu Hansi und reichte ihm wieder wie am Vortag das Essen an, was ihm sehr gefiel. Aber ein wenig mundfaul scheint er mir doch zu sein.
    Nach dem Essen brachte ich den Essenswagen in die Küche und räumte den Geschirrspüler gemütlich ein. Zeit hatte ich ja en massé.
    Hiernach kam dann wieder der Schichtwechsel und ich setzte Kaffee auf.
    Björn und Kristin trafen ein und ich zog mein Buch "zu Rate", während meine Kollgegen die anderen informierten, was die Bewohner gegessen und getrunken hatten.
    Nach einer halben Stunde, gegen 14 Uhr, machten Doris, Silke und Silvia sich auf den Nachhauseweg.
    Björn, Kristin und ich unterhielten uns über Tanja.
    Er stimmte mir zu, das Tanja sehr böse sein konnte, wenn sie ihren Willen nicht bekam und man sie immer und immer wieder abwies. Aber nach dem Essen legte sich das eigentlich ersteinmal wieder.
    Nun drehte ich mit Hansebär einen kleinen Spaziergang und traf auf Uwe, der sich auch gleich an Hansis Rolli klemmte und mit zum Haus kam. Er ließ sich seine Jacke ausziehen und ich musste sie dann ausziehen und aufhängen. Danach sah ich ihn eigentlich nicht mehr, denn er verschwand in seinem Zimmer.
    Ich brachte Hansi zu Kaschper und Stefan in den Garten, denn Silke hatte Kaschper schon vor einer ganzen Weile wiedergebracht.
    Kristin und Björn legten Hansi auf eine Decke in das Gras, woraufhin er versuchte, das Gras zu essen.
    Wir unterhielten uns ausgiebig über Spastik und Erfahrungen, die Björn schon gemacht hat, denn er arbeitet seit 2001 dort in der Stiftung.
    Flupps war es dann auch schon 17 Uhr und ich machte mich auf den Weg zur Haltestelle, denn mein Bus fuhr gegen 17.17 Uhr.
    Und noch ein ereignisreicher Tag ging zur Neige!

    -abgeschlossener Bericht-

  • :wink:Vielen Dank, Babba! :daum:
    Mir macht die Arbeit auch sehr viel Spass!

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